Historisch: Vorbemerkung zum Einmachen v. Fruechten

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Zutaten:
Fruechte

Wenn uns die Kochkunst ueberhaupt in allen Stuecken die Beobachtung
größter Reinlichkeit auferlegt, so ist uns diese bei der Einmachkunst
noch dringender geboten. Wir wollen die eingemachten Fruechte und Säfte
auf lange Zeit frisch erhalten, muessen sie also vor Verderben (Gärung und
Fäulnis) sichern. Diese Absicht erreichen wir zunächst, indem wir das
Eingemachte sowohl beim Kochen (Kochtopf, Fuell- und Schaumlöffel) wie
beim Aufbewahren (Einmachgläser, Flaschen und Töpfe) nicht mit fremden,
fettigen oder gärungsfähigen Substanzen vermengen. Man sorge also fuer
einen eigens zum Einmachen bestimmten Kochtopf, Schaumlöffel und
Durchschlag. Das Bunzlauer Geschirr ist besonders geeignet dazu und ebenso
gut emailliertes Geschirr von Eisen und Eisenblech; Beschädigung an der
Emaille bewirkt einen Beigeschmack nach Eisen. Vor dem Einkochen in Kupfer-
oder Messinggerät wurde bereits gewarnt. Sämtliche Gefässe, in welche
das Eingemachte gefuellt wird, muessen, sobald sie geleert sind, gleicht
mit Sodawasser gereinigt und vor dem nächsten Gebrauche wieder klar
ausgewaschen werden; sie duerfen nicht mit dem Spuelfass und dem Tuch,
welches zum Reinigen des Essgeschirres dient und ihm fremde, fettige
Substanzen mitteilen kann, in Beruehrung gebracht werden. Es empfiehlt
sich, Töpfe, Gläser und Flaschen, welche durch langes Stehen einen
dumpfen Geruch bekommen haben, vor dem Einfuellen mit einer Lösung von
uebermangansaurem Kali oder Salicysäure wieder von solchem zu befreuen.
Man hält fuer diesen Zweck und auch um anderen Koch- und Kuechengeräten
vorkommenden Falles einen moderigen Geruch zu benehmen, eine starke Lösung
dieser Chemikalien in einer Medizinflasche bereit und gießt etwa einen
Esslöffelvoll in das mit lauwarmem Wasser angefuellte Geschirr. Nach
einigen Stunden vertauscht man die Fluessigkeit mit reinem Wasser, spuelt
die Gefässe tuechtig und trocknet sie in der Sonne oder am Herd. Bei
Fruechten, welche nur mit Zucker eingemacht werden, also auch bei
Fruchtsäften, empfiehlt sich außerdem noch ein Ausschwefeln der Gläser
und Töpfe, und zuendet man zu diesem Zweck unmittelbar vor dem Einfuellen
ein Stueckchen Schwefel an, hält die Oeffnung darueber und fuellt sogleich
das noch heiße Einzumachende in das mit Schwefeldunst angefuellte
erwärmte Gefäss, wobei man dieses nicht zu voll fuellen darf. Dann legt
man rasch die vorher fertig gestellte Schweinsblase ueber die Oeffnung des
Glases, steckt vorsichtig von einer Seite nochmals einen brennenden
Schwefelfaden in das gefuellte Glas, doch so, dass der Schwefelduenst nicht
entweichen kann und die Schweinsblase nicht durch den brennenden
Schwefelfaden beschädigt wird. Darauf bindet man das Glas rasch sehr fest
zu. Nach dem Erkalten muss die Schweinsblase ganz nach innen gezogen sein.
Es empfiehlt sich, fuer eingeschwefelte Fruechte nicht zu große Gläser zu
verwenden, da der Inhalt nach dem Anbrechen bald gebraucht werden muss. Ein
zweites Erfordernis zur Erhaltung der eingemachten Fruechte ist, dass diese
den richtigen Grad der Reife erlangt haben und tadellos sind. Die
zerstörenden, Fäulnis erregenden Pilze duerfen also ihren Einzug noch
nicht darin gehalten haben (faulige Flecken), und ebensowenig duerfen
Fruechte, welche man ganz einkochen will, ueberreif sein, was ein Zerfallen
derselben zur Folge haben wuerde. Sie muessen also reif, aber noch fest
sein.

Reiner Zucker ist ein Haupterfordernis fuer die Haltbarkeit des
Eingemachten. Ebenso ist guter Weinessig stets dem billigeren vorzuziehen;
der Geruch desselben soll an den des Weines erinnern. Guter Bieressig
erfuellt in einzelnen Fällen denselben Zweck. Vor allem muss das
Eingemachte vor Luftzutritt bewahrt bleiben, weshalb man es nach dem
Erkalten ohne Aufschub in Töpfe oder Gläser und den Saft am nächsten
Tage, wenn sich alles Truebe gesenkt hat, in Flaschen fuellen muss. Bis
dahin muss alles mit einem reinen, trockenen Tuche ueberdeckt stehen, damit
kein Staub oder Insekt hineinfallen und Gärung verursachen kann. Die
Gefässe und Saftflaschen fuelle man nicht hoch voll, sondern lasse einen
zollbreiten Raum leer. Essig- und Branntweinfruechte werden mit einem
Schieferplättchen oder dergleichen beschwert und unter ihrer Fluessigkeit
gehalten, Gelees und Marmeladen hingegen mit einem in Rum oder Arrak
getränkten Pergamentpapier bedeckt. Reine Zuckerfruechte und Säfte
widerstehen der Gärung nur bei einem völlig luftdichten Verschluß. Aus
diesem Grunde sind die jetzt mehr und mehr in Aufnahme kommenden, mit einem
zum Einschrauben des Stöpsels dienenden Schraubengewinde versehenen,
weithalsigen Flaschen den bisherigen Fuellgläsern vorzuziehen, bei denen
der Verschluß durch Schweinsblase bewirkt wird. Will man sich dieser
Fuellgläser bedienen, so sorge man fuer sehr gut gereinigte, zuvor in
Salicylsäurelösung einglegte Schweinsblase und bediene sich statt des
Bundfadens eines nicht zu schwachen Gummibandes, das sich fest
zusammenzieht und darum einen festeren Verschluß garantiert als ein
gebundener Faden. Bei Saftflaschen wird die Schweinsblase ueber den gut
ausgekochten Kork gebunden.

Essigfruechte u.dergl. binde man mit Pergamentpapier zu. Das Aufbewahren
geschehe in einem trockenen, kuehlen Raum; auch muessen die Konserven dem
Sonnelichte entzogen werden. Durch Entziehung des Lichts und der Luft
lassen sich auch manche Fruechte, wie reife und unreife Stachelbeeren,
harte, reife Kirschen, Pflaumen u.derg. Obst, welches sich in einem
tadellosen, festen Zustande befindet, eine Zeitlang frisch aufbewahren. Die
Fruechte muessen an einem sonnigen Tage sorgfältig gepflueckt, recht
sorgsam und ohne Beimengung von Laub und Muell in gut gereinigte und
trockene Flaschen gefuellt werden und diese mit einem dichten Stopfen fest
verkorkt und außerdem mit einem Stueckchen Schweinsblase zugebunden
werden. Man setzt solche Flaschen am besten im Garten in einer Grube oder
im Keller, hoch mit Erde ueberdeckt, auf.

Obwohl bei Beobachtung vorgenannter Vorsichtsmassregeln ein Misserfolg bei
den nach den folgenden, vielfach erprobten Rezepten eingemachten Fruechten
usw. kaum möglich ist, möchten wir dennoch auf ein Fäulnis hinderndes
Mittel, welches man den letzteren zur größeren Haltbarkeit zusetzt,
hinweisen, nämlich auf die schon mehrfach erwähnte Salicylsäure, die man
bei jeder ueblichen Methode des Einmachens verwenden kann. Man braucht nur
die am besten in Rum oder ganz feinen Weinsprit aufgelöste Salicylsäure
dem kochenden Zuckersaft zuzusetzen. Bei Fruchtsäften rechnet man auf jedes
Kilogramm Saft 1/2 Gramm Salicysäure und ebensoviel auf jederlei Art
Fruechte, Stachelbeeren, Kirschen, Aprikosen usw., welche man zu Marmelade
einkocht (1-1 1/2 kg Frucht, 1/2 kg Zucker); man fuegt die Salicylsäure
erst hinzu, wenn die Einkochung beinache vollendet ist und löst auch
ebenfalls in dem Rum, womit man das Papier tränkt, welches oben auf die
Konserven gelegt wird, etwas Salicylsäure.

Fruechte in Zucker und Salicylsäure, im Wasserbad gekocht.

Entsteinte Aprikosen oder Pfirsiche, Reineclauden, Stachelbeeren,
Johannisbeeren, Kirschen oder welches von diesem Obst man einzumachen
wuenscht, gibt man nebst geriebenem Zucker schichtweise in kleine
Glasbuechsen und vermischt die oberste Zuckerschicht mit trockener,
kristallisierter Salicylsäure. Man rechne hierbei auf jedes Kilogramm
Frucht 1/2 kg Zucker nebst 1/2 g. Salicylsäure; die suessen Fruechte
beduerfen weniger Zucker. Man stellt die mit aufgeweichter Schweinsblase
durchaus fest verschlossenen, bzw. zugeschraubten Glasbuechsen in einen
breiten Topf mit kaltem Wasser ein, so dass der Rand derselben einen Zoll
(2,5cm) breit ueber der Fläche des Wassers hervorsteht, und bringt dieses
zum Sieden. In diesem Wasserbad lässt man das Obst so lange mäßig
kochen, bis es in Bruehe steht; die weichen Beerenfruechte erfordern 20-20
Min., Steinobst etwas längere Zeit zum Kochen. Dann nimmt man den Topf vom
Herde, lässt die Glasbuechse in demselben erkalten und bewahrt sie an
einem kuehlen, trockenen und luftigen Orte auf. Damit die Gläser im Topfe
fest stehen und nicht aneinander stoßen, oder das Wasser den mit
Schweinsblase bewirkten Verschluß beruehre, tut man gut, jede Glasbuechse
mit Stroh zu umwickeln. Dies Verfahren hat den Zweck, die in der
atmosphärischen Luft ueberall verteilten und daher auch in den Gläsern
vorhandenen Pilzsporen, durch welche bekanntlich Gärung und Fäulnis
hervorgerufen wird, zu vernichten. Gerade bei diesem Verfahren sind die
oben erwähnten Schraubenflaschen den gewöhnlichen Fuellgläsern
vorzuziehen. Einmal geöffnete Gläser muessen ihre Inhaltes zum sofortigen
Gebrauche entledigt werden, weshalb es gut ist, nicht zu große Gläser zu
verwenden. Da die Schweinsblase vor dem Zahn der Mäuse nicht sicher ist,
dient zur Abwehr ein Staniolueberzug, wie er bei Weinflaschen ueblich ist.
Sehr zu empfehlen zum Einkochen von Fruechten, Gemuese usw. sind sowohl
Wecks Frischhaltungs-Apparate als auch Arndtsche Einkoch- und
Sterilisier-Apparate Tischlein deck dich und Frauenlob, ferner
Schmidts Dampf-Einmache- und Steriliesier-Apparate Hildesia und
Frauengunst. Diese Apparate, denen sämtlich die genaue
Gebrauchsanweisung beigefuegt ist, sind in allen besseren
Haushaltungsgeschäften käuflich; ihre erste Anschaffung ist zwar ziemlich
teuer, macht sich aber sehr bald bezahlt, besonders in großen
Haushaltungen, die eignen Obst- und Gemuesebau betreiben.